Federn haben eine starke Mitte. Aus dem Leben eines Ersatzkindes
- Artikel-Nr.: MP10039
- ISBN: 978-3-968370-15-6
- Erscheinungsjahr: 2021
- AutorIn: Johanna Glaser
Die Autorin Johanna Glaser ist 1964 geboren, drei Jahre, nachdem ihr fünfjähriger Bruder Johann tödlich verunglückt war. Zitat ihrer Mutter: "Ich hatte vier Kinder und ich wollte auch wieder vier." Johanna wurde so zu einem "Ersatzkind". Ersatzkinder sind Kinder, die (bewusst oder unbewusst) gezeugt oder adoptiert werden, um verstorbene Geschwisterkinder zu ersetzen und somit eine Lücke in der Familie zu füllen. Dass dies mitunter zu einem belastenden Erbe führt, oft noch ein blinder Fleck in Therapien ist und wie ihr eigener innerer Heilungsweg aussah, zeigt Johanna Glaser in diesem autobiografischen Buch auf. Viele ebenfalls Betroffene dieser Thematik werden sich in Johanna Glasers Empfindungen und Erkenntnissen wiederfinden.
Wichtiges Buch zu einem selten gesehenen Thema
Sehr viele Menschen würden – so glaube ich – der Aussage zustimmen, dass ein Kind, das einem gestorbenen Geschwisterkind nachgeboren wird, als ein besonders geliebtes Kind auf die Welt kommt. Denn mit der neuen Geburt wird der frühzeitige Tod des älteren Geschwisterkindes „wiedergutgemacht“, so die landläufige Meinung. Aber stimmt das wirklich?
Nein, es stimmt nicht. Wird das Kind als Ersatzkind geboren, also bewusst oder unbewusst nur deshalb gezeugt, um ein anderes Kind zu ersetzen, und haben die Mutter/Eltern das Trauma, das der Tod des verlorenen Kindes ausgelöst hat, für sich nicht ausreichend bearbeitet, dann wird das Leben für das Ersatzkind sehr schwierig. Das weiß ich genau. Denn ich bin selbst so ein Ersatzkind.
Deshalb habe ich Johanna Glasers Buch mit sehr viel Anteilnahme und Hochachtung gelesen. Obwohl mein Leben äußerlich völlig anders verlaufen ist als das von Johanna Glaser, finde ich mich in vielem, was sie schreibt, sofort wieder. Die Ambivalenz anderen Menschen gegenüber, das Schwanken zwischen Stärke und Schwäche. Das nicht glauben können, dass ich gemeint bin – das alles kenne ich zu Genüge. Und auch ich habe Jahrzehnte gebraucht, bis ich verstanden habe, warum ich so bin, wie ich bin und bis ich mich auf den Weg zu meinen wirklichen Selbst machen konnte.
So ist das Buch von Johanna Glaser – meines Wissens das erste, das von einer Betroffenen selbst geschrieben wurde – wie eine Blaupause für alle, die ähnliches erlebt haben. Im Äußeren mag es große Unterschiede geben, im inneren Empfinden meines Erachtens nicht. „Federn habe eine starke Mitte“ ist also als Pionierleistung ein sehr wichtiges Buch, dem ich eine große Leserschaft wünsche, nicht nur im Personenkreis derer, die selbst betroffen sind, sondern weit darüber hinaus, damit dieses sehr vernachlässigte Thema mehr in das Bewusstsein vieler tritt.
Frau Glasers Buch ist eine Bereicherung
Das Buch "Federn haben eine starke Mitte" ist eine wirkliche Bereicherung, was die Literatur zum Thema Ersatzkind im deutschsprachigen Raum angeht. Authentisch und berührend geschrieben, kann Frau Glaser das Leiden, was sich hinter diesem Thema verbirgt, dem Leser klar greifbar machen. Die Mischung aus persönlicher Geschichte und den passenden wissenschaftlichen Belegen und Zitaten machen nicht nur das Lesen abwechslungsreich, sondern lassen einen die Thematik noch besser verstehen und begreifen. Ich hatte mir das Buch gekauft, da ich selbst von diesem Thema betroffen bin, und habe mich in so vielen Bereichen selbst wiedergefunden, dass es fast erschreckend war. Doch nicht nur Betroffenen kann ich es empfehlen, auch Aussenstehenden möchte ich diese Lektüre sehr ans Herz legen, um möglichen Betroffenen vielleicht mit etwas mehr Verständnis begegnen zu können, und auch, um dieses schwierige Thema etwas mehr in den Blick der Gesellschaft zu rücken.